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Der Beitrag "Augen machen"

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Augen machen

Das musst du dir erst einmal anschauen, sagt sie zu sich selbst, das viele Laub hier. Das ist, als ob es alles zudeckte, die ganze Welt und über die Zeit, dann vor sich hin modert, wenn du es nicht wegtust, dieses Nussbaumlaub. Du verfaulst, glitschst aus, schlitterst wo hinein mit ihm. Ich sage dir, sagt sie zu sich selbst, es sind Rattenschwänze, diese langen Blattstiele sehen aus wie Rattenschwänze.

Das riecht hier schon so, nach Mäusen riecht es hier, das ist so ein anheimelnder Nestgeruch, so einer zum Davonlaufen. Das Anheimelnde, ein unheimlicher Mief, und wie er sich einschleicht ins Daheim. Die haben es sich schon fein gemacht im Geheimen, da sind die Kothäufchen neben den eingelegten Körperchen, so grausige Stinkwärme, eine ins Nest versunkene, das wird eine Basis sein, so eine heimliche Basis für das, was einmal kommt.

Ihr graut, was graut ihr, zu graut es sich. In ihr brodelts, so viel Hitze kommt heraus, Baumhitze. Sie ist wie ein Baum, muss ausquellen alles Harz. Der alte Reim will sich nicht reimen, nichts reimt sich, nur dass sich was zusammenbraut spürt sie, diese heimliche in dieses Land hineinverpflanzte Angst, wie sie sich anpirscht, ihr an den Leib geht.

Das Knarzen der Tür. Sie hört wen kommen oder was kommen. Es wird sich nicht gleich zeigen, was kommt. Es lauert was, unter dem Boden kratzt es. Das Untere macht sich bemerkbar, wenn sie so allein im Zimmer ist. Das Licht, es will nicht so recht aufgehen und hell werden. Da sucht sie, nach diesem anderen Licht sucht sie, in den Laden sucht sie dieses Licht zum Ausleuchten, aber hier sind nur Funseln.

Sie muss dem bisschen Raum was abluchsen, er gibt nichts her von allein. Das kleine Herdfeuer will sich sofort wieder auslöschen, wenn sie das Holzhäufchen anzündet, das immer nur dann brennt, wenn sie es anstachelt und hineinbläst. Sie bückt sich hinunter zum Herdloch, immer wieder, bläst immer wieder hinein, in Abständen, muss sich erholen dazwischen. Sie wird vom vielen Hineinblasen benebelt, immer mehr benebelt wird sie, eingenebelt wird sie hier, wo der Nebel nie mehr aufhört, ab Allerheiligen nie mehr verschwindet, oft bis in die Wintermonate hinein bleibt und bis in diesen Frühling, der sich hier schon sehr früh zeigt, für kurz nur, um dann doch wieder heimgeholt zu werden von Spätfrösten hinterlistigen.

Über Nacht ist sie hineingeschlittert, in dieses Land hinein, in dieses Haus hinein. Aus dem einen hinaus in das andere hinein. Hier ist sie nun. Hier hat sie das nun. Das Dach-über-dem-Kopf-Gefühl, es will sich nicht so recht einstellen. So leicht ist es zu ihr gekommen, das Haus, so schwer fühlt es sich an. Von ihrer Großmutter ist es zu ihrer Mutter gekommen, von ihrer Mutter zu ihr, einfach ist es gewesen im Vergleich, aber vergleichen geht nicht, das hat sie inzwischen gelernt, mühsam.

Der Nussbaum da, ein ausgewachsener, der ist aus den Fugen, wächst und wächst, hat noch immer nicht aufgehört zu wachsen, wird nie aufhören. Andere Bäume wissen, wann Zeit ist, der Baum da weiß es nicht, er muss Wurzeln haben bis weit unter das Haus, so wie es aussieht bis hinüber, weit bis unter den Stall. Er zieht der Erde den Saft aus, unterirdisch, seine Wurzeln sind überall. Und erst das Laub, der ganze Abfall, Mitte August geht es schon los mit ihm.

Wer will schon in so ein Haus, in so ein Haus, das schon so viel auf dem Buckel hat. Das Haus allein ist es nicht, das Haus allein kann nichts dafür, der Ort selbst wohl auch nicht. Einmal wird der Ort selbst und das Haus wohl so geworden sein. Und die es bewohnten, die sind wohl auch nicht von allein so geworden, wie sie geworden sind. Da muss schon der Ort auch was dazu tun. Der Ort wird dazu was getan haben. Und das Haus.

Sie weiß nur wenig, aber sie spürt. Sie spürt es vor allem jetzt in diesen durchwachsenen Tagen voll Nässe und Nebel. Diese feuchte Kälte, tagelang dieselbe.

Du musst erst einmal hineingehen in dieses Land, sagt sie zu sich selbst, so weit musst du dich erst einmal hineinlassen und dich dann auf es einlassen. Das ist nicht nur so ein Hinkommen, nicht nur so ein Einziehen, in irgendein Haus einziehen, das ist grundlegend, wie Grundgelegtes so richtig grundlegend zu werden droht, es dir den Boden unter den Füßen wegzieht dabei. Du hast keine andere Wahl, weil du keine andere Wahl zulässt, über dein Dableiben oder Gehen nicht bestimmen kannst. Es wird bestimmt und von niemand anderem als von dir selbst. Hast dich eingelassen auf das Haus, auf dieses Land, auf dich, hast für das Auskommen zu sorgen, musst mit dir auskommen.

Nichts hast du in der Hand, ein paar Werkzeuge hast du, und arm wärst du ohne sie, ausgeliefert wärst du der Natur, die Natur wäre bald überall um dich herum, in dir drinnen, sie überwucherte dich, verschluckte dich. Die Natur ist stärker als deine, im Nu hat sie dich ganz und dann bist du Teil von ihr, ob du willst oder nicht.

Im hintersten Verschlag der Holzhütte sind sie aufgehängt, notwendige Hilfsmittel, Rechen, Krampe, Hacke, alle möglichen Gerätschaften, sorgfältig aneinandergereiht und nah beieinander und für etwas bestimmt, immer noch in ihrer Bestimmung aufgehoben, folgen ihrer Bestimmung, tragen ihre Gebrauchsspuren wie umgewandelte Erinnerungen, weiche Einbuchtungen, scharfe Kerben, glatt gewordene Holzgriffe, auf den Metallteilen Flugrost, nach ein paarmal Verwenden wird er weg sein.

Du gehst da hinein in dieses Land ohne dir vorher anzuschauen, was es heißt, da hineinzugehen, weil du von außen gar nicht in der Lage bist, so weit hineinzusehen, in diese enge Weite von einem Land hinein, und wie du hier immer mehr und mehr Du zu dir sagst, mit dir sprichst in diesem zweisamen einsamen Du, sagst Du zu dir, wenn du über etwas laut denkst. Da bist du nun, wo die kleinen Fensterblumen aus den kleinen Blumenkästen herausblühen immer schon, wo Fleißige herumtun an den kleinen Fensterblumen immer schon, immer einen Blick werfen dabei, einen kleinen Fensterblick aus dem kleinen Fenster hinauswerfen dabei, das Drinnen dabei verschwinden lassen, den kleinen hinausgeworfenen Blick im Draußen festhalten, wo er sich freischauen kann von dem, was drinnen vor sich hergeht oder vorbei, wo er sich verlieren kann, wo er sich verliert, derweil sich drinnen was tut.

Da tut sich viel im gewächshäuslichen Drinnen. Da wimmelts nur so. Kleinwinzigstes wächst sich betrieblich fortpflanzend herbei in der Zimmerblumenerde der schimmelfeuchten, stets hinterhältig daherkriechend mit seinem Gelege mehr und mehr und bis zu den Wurzeln, wo sich die raschwüchsigen Verderberchen längst eingenistet haben zum Belagern, zum Drangsalieren, zum Zukoten, das kleine beschauliche Fensterbrett zu verstinken beginnen mit ihren ‘kleinen dummen Auswürfen genau dann, wenn sich was Zartes entknospen will, sich auf jedes sprießende Sprösschen stürzen, alles verpicken, Schmarotzer anlocken mit ihren süßen Ausscheidungen, die sich sofort darauf stürzen, alles Aufblühende zum Ersticken bringen, kein noch so kleines Hoffnungsschimmerchen aufkommen lassen.

Immer regt sich was, immer sammelt sich was, ganz unten in zutiefster Untergründlichkeit, so heimliche Machenschaften, Verderbliches ablegend ins Dunkel des Erdreichs, um ausgereift zu entschlüpfen, aus dem blinden Fleck emporzuschnellen, alles Erdreich rundum mitzuverseuchen, mehr und mehr die Grundfesten zu untergraben. Du wirst es schon noch sehen, wundern wirst du dich dürfen, sogar zu seiner Vermehrung beitragen darfst du, begleitet von süßem Gesang.

Wie jämmerlich klein die Welt wird, wenn es keinen Augenblick gibt, nur das eine große Augenloch mit dieser Leere, dieser unendlichen Leere, in die sie immer starren muss, seit sie hier ist, immer angezogen wird von dieser Leere, sich immer einen Blick hineinzudenken bemüht, ihm einen Blick zurück hineinphantasiert, damit das Leere sich endlich zu befüllen beginne. Und doch kommt sie nicht an gegen das Eingebläute, das sich im blinden Fleck so richtig breit gemacht hat.

Das eigene Gesicht blickt aus dem Spiegel nicht zurück, es gibt keine Augenblicke für die eigene Welt da drinnen oder für die eigene da draußen. Ihre Augen sind ersetzt von einem Kuschelauge zum Vorbeiwischen und darüber Hinwegwischen, ein eingepflanztes Ersatzauge, das ganz wem anderen gehört, in dem es sich der Scheinapfel bequem gemacht hat, ein schleimiger Parasit zum Abhängen. Und da hängt es nun, das Menschlein, und baumelt aus freiem Willen, ekelt sich nicht einmal dabei.

Sie hat eine andere Welt mitgebracht in ihrer Vorstellung. Die Vorstellung geht hier aber nicht herein, da ist ein fremdes Auge unter dem Dach, da ist ein Riss an der Wand drinnen, da ist ein Riss an der Wand draußen, da kommt eine Angst durchherein, eine unbestimmte Angst, da ist kein Tier, das da lauert, die unbestimmte Angst lauert ihr auf und das macht ihr das Dasein schwer, wo das Unheimliche schon ganz groß ist und seinem einmaligen Auftritt entgegenlauert, wo alle dann Augen machen werden müssen.

Und wer weiß, wie Augen machen geht. Da kannst du nicht einfach nur groß schauen, so einfach so groß daher schauen und dann schon glauben, dass du ein Auge dafür hast, sagt sie, weil sie nichts mehr zu sehen imstande ist, hier in diesem Land mit diesen kleinen Fenstern und den kleinen Fensterbänken mit den kleinen Blumenkästen drauf nichts mehr sieht. Da ist nichts da, was aus sich selbst durch sich selbst hervorwächst, da ist nur dieser aufpolierte Gesang, hereingejodelt und hinaufgepfropft und davor graut ihr, hat ihr gegraut, immer schon.

Aus nichts kann nichts herausschauen, nicht einmal ein Auge kann das, heimlich ist das fremde Auge eingezogen, du versuchst dich selbst zu erblicken, findest dich nicht. Dieses Laub von da draußen, dieses langsam verreckende Nussbaumlaub, das hast du in dir drinnen. Das Schwarzglitschige, es wird schwerer und schwerer, es will nicht vergehen, stickt alles ab. Immer wieder musst du zu ihm hingehen, wegarbeiten musst du es, Luft zuführen dem Boden. Du musst hinaus, jetzt sofort musst du hinaus, den Rechen packst du, wie wild beginnst du zu rechen, Luft tut gut, du schwitzt, feuchte Luft dampft von dir ab.

Abends beim Baden sieht sie sich wieder als Mädchen, wie sie sich die himmelblauen Büstenhalter umschnallt, die von ihrer Großmutter. Leere Körbchen stehen ein wenig von ihr ab, noch sind sie leer. Ein Springinkerl bist, sagt Großmutter zu dem Mädchen, das da vor ihr zappelt, nie Ruhe gibt, auf angeknacksten Hölzern balanciert, es bunt treibt mit Gedankensprüngen, nicht Angst zu haben braucht. Da bei der Großmutter scheint das Mädchen aufgehoben, da lässt es sich fallen, hinein in das dünne verzopfte Haar, in den erdigen Geruch der Stube.

Seifen sind da auf Vorrat unter dem Dach, unzählige Seifenwürfel. Großmutter steht in der Küche, verwertet alles, verkocht alles, siedet Seifen. Das Knochenfett, das aus den Knochen herausgekochte Fett, es stinkt wie die Pest, sagt Großmutter. Das Mädchen riecht nichts, der Gestank ist ausgedampft, die Seifenstücke riechen nicht, nicht einmal nach Seife riechen sie. Es spielt mit den Klötzen, es schnitzt, an Regentagen schnitzt es. Gesichter schnitzt es in die Seifenklötze, auf die Kredenz kommen sie. Komische Vögel, denkt Großmutter, und diese großen Augen, Späher glotzende. Sie sagt nichts, lässt das Mädchen tun. Die Seifenspäne sammelt sie ein, lässt sie im Wasser zergehen bis das Wasser glitschig ist und milchig, wäscht abends sein Gesicht damit, das Mädchen springt als Ganzes ins Badeschaffel, es ist im Warmen, die Haut glitschig wie die Lauge, ihr Haar auch.

Es tut nicht weh beim Auskämmen. Strähne für Strähne nimmt sich Großmutter behutsam vor, flechtet dem Mädchen Zöpfe. Rundherumzöpfe. Mit den nassen Zöpfen geht es schlafen. Über Nacht wird sich was tun, über Nacht werden die Haare anders geworden sein, wie verwandelt werden sie sein, aus ihren kerzengeraden Haaren werden gewellte geworden sein. Es kann den Moment kaum erwarten. Morgens streifen seine Finger Maschen aus den Haaren, greifen ins Verzopfte, fliegen von Strähne zu Strähne, lösen die Zöpfe, lassen seine Haare aufgehen. So schöne Wellen, sagt das Kind, Meerwellen sagt Großmutter, das Meer kennt sie vom Hörensagen.

Kastanienbraun sei das Haar von ihrer Großmutter gewesen und glänzend sei es gewesen. Das Mädchen kennt es nur weiß. Großmutter sei ganz früh weiß geworden, über Nacht. Das gibts, über Nacht kannst weiß werden, sagt Großmutter, mit einem Schlag.

Wenn er mich nur einmal trifft, der Schlag, sagt ihm Großmutter einmal auf den Kopf zu. So groß schaut das Mädchen dann, dass Großmutter sich zu ihm herunterbeugt, zu ihm auf den Diwan herunter, ihm mit ihren rauen Fingerkuppen die Augenlider hinunterstreicht, immer wieder über die Lider fährt, damit es endlich die Augen schließe. Schlaf jetzt, sagt sie zu ihm, _ mach endlich die Augen zu, den Mittagsschlaf brauchst, bist schon so lange auf. Das Mädchen schaut, kann nur schauen, nicht schlafen. Schau mich nicht so käferlicht an, sagt Großmutter zu ihm. Da schaut es noch lichter in ihr Gesicht hinein, schmunzelt verschmitzt.

Sanft, das Großmuttergesicht, die Augen glänzende, dunkle Knöpfe. Rosskastanien. Es möchte sie anfassen und das Glatte berühren, die Knöpfe herauskitzeln, einstecken und mitnehmen.

Sie legen ihre Augen zusammen, zwei Augenpaare übereinander bis das Mädchen schläft. Nur für ganz kurz schläft es. Das Mädchen reißt es bald wieder aus dem Schlaf in die Taghelle zurückhinein. Großmutter streichelt seine Lider hinunter, wieder und wieder. Darauf wartet es, hat es gewartet, immer schon.

Als der Schlag sie dann trifft, ist das Mädchen kein Mädchen mehr, eine junge Frau ist es geworden und nicht da, nicht einmal da ist sie, wenn der Schlag ihre Großmutter trifft. Sie ist weit weg und wie ein Schlag ist es für sie. Weiß wird sie nicht über Nacht, aber drinnen in ihr macht sich eine leere Stelle breit, die wird ihr bleiben. Dort wird sie einmal, wenn der Schmerz nachlassen wird, all die Bilder hineinstellen, die sich angesammelt haben über die Zeit.

Versunken steht sie da. Die Bilder stellen sich hin zu ihr, sind da hautnah. Da ist sie schon ein großes Mädchen, wenn die Großmutter das herausredet, das mit dem Schlag. Es spürt, dass die Großmutter anders wird auf einmal, dass ihre Stimme anders wird und es spürt, dass es so eine Stimme nicht hören will, von der Großmutter so eine Stimme nicht hören will, so als ob die Stimme abreiße und nicht mehr komme, wenn Großmutter noch mehr auf das zu reden komme, auf das mit seinem Großvater damals, als er schon lange nicht mehr ist.

Auf einmal sei er weg gewesen, eines Nachmittags. Sie habe ihn gesucht, überall, und gerufen habe sie, sagt Großmutter, dann sei sie in die Scheune suchen gegangen, habe ihn nicht in der Scheune gefunden. Da in der Holzhütte oben, da habe sie ihn gefunden, da sei er schon hinüber gewesen.

Sie ist das Mädchen und sie kann das Mädchen jetzt sehen und wie es da in der Hütte spielt. Lotti, sagt es zum Holzpferd, und die Zügel hat es fest in der Hand und das Mädchen zieht und ruft, Lotti Galopp, und Lotti geht mit ihm durch. Lotti galoppiert und Richtung Wald galoppieren sie und weiter in den Wald und noch tiefer hinein bis zur Lichtung, zu jener mit den zwei zusammengewachsenen Bäumen. Der dicke Baumzwiesel ist sein Schloss, der Wald, sein Zauberwald.

Einen Knecht habe sie sich nehmen müssen, sagt Großmutter zu ihm, unmöglich alles allein zu schaffen, seine Mama noch klein, habe kein Bild bekommen können von ihrem Vater eines zum Abrufen eines zum Ausmalen. Nur das eine Bild habe sie ihr geben können, das kleinwinzige, schwarzweiße, das vergilbte mit dem gezackten weißen Rand. Und die wenigen Sätze, karge Sätze, in denen die Fragen versickern, ganz aufhören mit der Zeit.

Der Schwanz ist so lang von der Ratte. Er zeigt sich. Zwischen den Luken durchherunter sieht es den Schwanz, baumelnd. Oben auf der Getreideschütte sieht es das Tier als Ganzes. Angestarrt hat es das Mädchen oben unter dem Dach. Diese Augäpfel, wie sie sich in das Mädchen hineinschrauben, als ob sie sich einpflanzen wollten. Noch immer muss sie daran denken, an diese Ausgeburt, und erbrechen muss das Kind, beinah erbrechen, als es den Knecht da sieht, dann so dastehen sieht, als es herunterkommt, stehen bleibt wie versteinert auf der vorletzten Stufe der Holzstiege, die hinaufgeht zum Getreidelager mit dem Bretterboden dem kluftigen, wo es sich entleeren wird eine Weile später durch die Fugen durch und direkt auf den Kopf vom Knecht. Seine Heimzahlung für das, was er ihm antut, dort in der Holzhütte, er so ganz nackt dastehend vor ihm, dem Mädchen, das da Augen machen muss für etwas, wofür es noch keine gehabt hat bis dorthin.

Die Wörter dafür kommen spät, sie brauchen lang zum Werden und es sind wenige. Sie würde viel mehr von ihnen brauchen, so viele wie der Nussbaum Laub abwirft, doch Rattenschwanzwörter kann sie nicht brauchen, die sind zu schwer, von den leichten brauchte sie, sie hat zu wenige von den leichten, von den leichten würde sie viele brauchen, so viele wie der dicke Baumzwiesel Laub abwirft, der von der Lichtung.

Noch ist nicht alles offen, aber es wird, ein kleiner Schleier ist noch da, der Tag ist bald ganz aufgeklärt, sagen sie hier, wenn es so ist wie es gerade ist und der Nebel im Aufziehen. Bald ganz aufgerissen ist es, fort ist er, endlich fort der dicke graue Mantel. Gläsern ist die Luft, schnittig, der Himmel ein Bett, frisch überzogen, sie richtet sich ein, himmelblau.

Schneegipfel, schau, hört sie Großmutter sagen. In der Morgensonne leuchten sie, von weit weg leuchten sie herein ins Zimmer, das Zimmer leuchten sie aus, das Drinnen malen sie an, ihr Gesicht überzieht sich mit Licht, von innen her.

Der Weg knirscht unter ihren Füßen und geschwind geht sie, das Klare tut gut, das Reinweiße auch, sie schlichtet Holz in den Korb, hinein trägt sie ihn in das Zimmer, das mehr eine Stube ist als ein Zimmer, anfüllen wird sich die Stube mit Holzgeruch, anfüllen wird sie sich mit Wärme, Holzofenwärme.

Sie dreht das Licht auf, schon früh am Nachmittag, liest bis in die Nacht, liest durch die Nacht durch, nicht heimlich liest sie wie damals. Damals hat sie heimlich gelesen, warm wars im Zimmer und hell. Großmutter hat Licht machen können.




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